Update: Eine Woche #Coronakirche über Zoom mit Liberating Structures

Eine gute Woche ist das Gemeindeleben der FeG Gevelsberg jetzt rein digital – und es läuft sehr gut. Wie im ersten Artikel angekündigt, nutzen wir Zoom als digitales Gemeindehaus. Im Folgenden einen kurzen Überblick nebst Tipps über das, was wir gemacht haben, und einen Ausblick, darauf, was wir zusätzlich tun werden.

Gemeindegebet und Hauskreise

Kurzes Fazit: Gemeindeleben unter der Woche über Zoom funktioniert. Teilweise haben sich sogar deutlich mehr Leute auf die Erfahrung eingelassen und die Rückmeldungen waren sehr positiv. Wir sind gespannt, wie es da weitergeht. Bislang werden alle Angebote von uns Pastoren moderiert, da müssen wir schauen, dass wir unsere Mitarbeitenden (und vor allem KleingruppenleiterInnen) noch weiter schulen. 

Digitales Kirchencafé

Zu unserem digitalen Kirchencafé habe ich die meisten Anfragen erhalten. Das erste Mal diesen Sonntag klappte super, ein paar Dinge haben wir gelernt: Wenn große Gruppen durcheinander reden, ist es eher eine frustrierende Erfahrung – besser sauber moderieren, Leute auf stumm schalten und Breakoutrooms nutzen. 

Sehr gute Erfahrung haben wir mit der Liberating Structure: Impromptu Networking diese Woche gemacht. Leute gehen in 2er-Gruppen für vier Minuten in Breakoutrooms und tauschen sich zu einer Frage aus. Nach 4 Minuten wechseln die Paare, die Frage bleibt gleich, wieder vier Minuten Austausch. Anschließend noch eine dritte Runde. Wir haben zwei Durchgänge gemacht und folgende Fragen genutzt:

  1. Was bringst du heute mit? Inwiefern trifft dich das, was gerade um uns herum passiert?
  2. Denk an den letzten Gottesdienst den du besucht hast. Welchen Impuls hast du mitgenommen? Was könnte sich dadurch verändern? (Oder wenn er was länger her ist: Was hat sich verändert?)

Es gab diese Woche übrigens keinen Moment, in dem ich mich einsamer gefühlt habe, als als alle in Breakoutrooms waren und ich jeweils vier Minuten alleine in der Lobby – das nächste Mal gibt es einfach ein Dreierpärchen :).

Weitere Tipps: Die Fragen in den Chat schreiben (den kann man auch in den Breakoutrooms öffnen) und nach zwei und nach dreieinhalb Minuten einen kurzen Broadcast schicken, damit das Zeitgefühl erhalten bleibt. Wir hatten das technisch so gehandhabt, dass ich die TeilnehmerInnen nach den vier Minuten in den nächsten Raum verschoben habe, dadurch geschah das allerdings sehr abrupt. Besser ist vermutlich, alle in die Mainsession zu holen und ohne weitere Moderation wieder in Breakoutrooms zu setzen. So bekommen sie einen Countdown und können ihre Sätze beenden.

Die Rückmeldungen zu diesem moderierten Kirchencafé waren super. Es tat gut, sich wiederzusehen! Manche hätten sich noch etwas mehr Zeit in den Paaren gewünscht, aber alle fanden es beeindruckend, welch tiefer Austausch so möglich wurde – und das mit Leuten, mit denen man sonst nie so viel zu tun hat (dank Zufallsprinzip). Schön ist auch, dass mit dieser Methode der Teilnehmerzahl keine Grenzen gesetzt sind.

Ein kurzes Feedback haben wir gegen Ende mit einer abgewandelten Version von Mad Tea gemacht (übrigens auch eine Liberating Structure): Ich gebe den Satzanfang vor, alle beenden den Satz für sich im Chat und auf „Los“ schicken alle ihren Satz ab. Bei uns waren die Satzanfänge: „An diesem digitalen Kirchencafé war gut, dass…“, „Besser geht noch…“ und „Als Kirche sollten wir noch Folgendes anbieten…“

Weitere Liberating Structures und Tipps zu Zoom findet ihr künftig auf meinem Youtube-Kanal. Wer Interesse hat, diese (und andere) Übungen auch mal zu erleben, schreibt mir gerne eine Mail (pastor@feg-gevelsberg.de). Wenn sich genügend Interessierte melden, würde ich dazu mal einen kleinen Workshop veranstalten.

Ausblick: Weitere Ideen

Als wir gemerkt haben: Gemeindeleben über Zoom funktioniert, haben wir uns die Frage gestellt: Was braucht unsere Stadt in den nächsten Wochen? Dabei sind uns vier Bedürfnisse eingefallen, denen wir begegnen können. Diese Angebote werden in den nächsten Tag als Flyer an alle Haushalte in Gevelsberg verteilt (danke, @juhopma)

Einkaufshilfe

Die Nachbarschaftshilfe in Kooperation mit der Stadtverwaltung läuft gut an, es haben sich schon zahlreiche HelferInnen gemeldet – die meisten nicht aus dem FeG-Dunstkreis. Wir freuen uns schon sehr, die nach Corona alle mal richtig kennenzulernen. Mittlerweile steigt auch die Zahl der Hilfsgesuche, da die Leute mehr und mehr zu Hause bleiben. 

Echte Gemeinschaft

Vielen fällt jetzt schon die Decke auf den Kopf. Man merkt: Man braucht Kontakte. Dieser drohenden Einsamkeit begegnen wir, indem wir einmal die Woche unseren Zoom-Raum als Onlinekneipe für die Nachbarschaft öffnen (ebenso wie einmal mittags als Online-Kantine). Großes Programm wird es da nicht geben. Sollten es zu viele werden, werden höchstens Breakout-Rooms genutzt. (Shoutout @juliawieland, von ihr habe ich die Idee).

Für die tiefergehenden Kontakte, für dieses Gefühl, gesehen zu werden, probieren wir ein anderes Format. Ein ca. 45-minütiges Treffen, indem wir mit verschiedenen Übungen Nähe herstellen wollen. Die Liberating Structures bieten auch hier viele Möglichkeiten: Back-to-Back-Listening, Conversation Café, Impromptu Networking und einige mehr.

Seelsorge + Paarberatung

Angesichts von Homeoffice und Kurzarbeit verbringen viele Paare und Familien jetzt schlagartig mehr Zeit miteinander. Da kann es durchaus zu Reibereien kommen. Wir bieten als Pastoren und einer Familientherapeutin online Paar- und Familienberatung an (via Zoom oder Telefon). Meistens wird es wohl um Krisenintervention und Kommunikationshilfe gehen, es gibt aber auch die Möglichkeit, online einen Prepare/Enrich-Kurs zu machen. 

Einen Ort zum Runterkommen

Zuletzt haben wir bei uns festgestellt, dass es gerade eine sehr spannende Zeit ist: Einige erleben eine Leere oder Einsamkeit. Bei mir ist es aktuell eher eine sehr hohe Taktzahl, durchaus auch gepaart mit Neid, Vergleichsdenken und Druck, wenn man sieht, was andere Gemeinden auf die Beine stellen. Von daher, Lothar: Vielen Dank für deinen super Artikel dazu!

Dazu bieten wir einmal die Woche eine ca. 15-minütige Meditation an. Gar nicht genuin christlich, Körperübungen, Fokussierung, Journaling – irgendwas in die Richtung. Enden wird es immer mit einem offenen Gebetsangebot. Wer teilnehmen will, bleibt, wer nicht, kann das Meeting einfach schon verlassen.

Bleibende Frage: Ohne Internet bist du raus?

Für uns bleibt die Frage, wie wir die Menschen ohne Internet erreichen. Unser Follow-Up-System mit Telefonanrufen funktioniert, die Teilnahme am Gemeindeleben kaum. Die Einwahl über die Telefonfunktion von Zoom wurde bisher wenig verwendet – auch weil das Erlebnis doch schlechter ist. Wir verteilen jetzt gedruckte Andachten und Andachten auf CD von unseren Pastoren, aber zufrieden sind wir mit dieser Variante noch nicht.

Update Update: Wir sind gerade mit einem Essens-Lieferdienst im Gespräch, inwieweit unsere Andachten den Lieferungen beigelegt werden können… Quasi #spiritualmealsonwheels.